20140424_225415
Reden wie bei Muttan… Weil’s besser ist.

Unsa Mutta – imma korrekt. Muss ich getz aba ma sagen! Hättze nich gedacht, oda?

Falls Sie jetzt denken, der Autor redet wirr: Keineswegs, der schreibt eben ausnahmsweise mal so, wie man in seiner Heimat redet. So sprach damals im Ruhrpott und an dessen Peripherie, als ich Kind war. Und heute ist das wohl auch nicht anders.
„Ey! Hömma! Alta! Watt is’n daran voll korrekt. Und watt geht mich dat an?“
Es geht – und damit las sich mal die Katze aus dem Sack – um die Wortendung.  Das Schluss „-er“ vieler Wörter, so sieht man es im Beispiel oben –  wird in dieser Region Deutschlands durch ein „-a“ ersetzt. Einfach so. Das spricht sich einfacher, das spricht sich schneller – Entschuldigung: Is einfacha. Is schnella. Mutta statt Mutter, Vatta statt Vater, Alta statt Alter und so weiter.
Ergo hat man daheim Drucka und Computa, in der Küche Messa und Tella und einen  Wäschetrockna im Kella. Is klar, oda?
Auch Berliner kennen das, die haben’s ebenfalls nicht so mit der Endsilbe -er. Das gilt für den Taxifahrer ebenso wie für den Akademiker.
Während ersterer es vielleicht dank des Regiolekts oder Dialekts gar nicht anders weiß, hat letzterer gerade erst eine Belehrung erhalten, dass das ab sofort grundsätzlich so gehört. Denn an der Berliner Humboldt-Universität hat eine Arbeitsgruppe für „Feministischtes Sprachhandeln“ unlängst einen Leitfaden mit antidiskriminierenden Sprachempfehlungen herausgegeben, der online hier einsehbar ist. Und zur diesem Sprachhandeln gehört eben, statt der „-er-Form“ die „a-Form“ zu verwenden, die so berichtet Focus Online aus dem „Drucker“ („er!) den Frauen nicht mehr diskriminierenden „Drucka“ macht. Beispielsatz aus der Broschüre: „Unsa Lautsprecha ist permanent auf Demos unterwegs. Ea erfreut sich hoher Beliebtheit.“
Falls Sie jetzt glauben, dass es sich hierbei um einen verspäteten Aprilscherz handelt: Weit gefehlt. Das ist durchaus ernst gemeint. Die AG (Feministisch Sprachhandeln) versteht sich als feministisch, was für uns heißt, gegen viele, miteinander verbundene strukturelle Diskriminierungen aktiv zu handeln. Zu diesen Diskriminierungen gehören Sexismus/Genderismus, Ableismus (die Herstellung von und Diskriminierung über beHinderung), Rassismus, Klassismus und Migratismus (die Herstellung von und Diskriminierung über Migration). Die in der AG Aktiven sind in Bezug auf diese interdependente Diskriminierungsstruktur zum Teil unterschiedlich positioniert verkünden die emsigen Sprachverbesserungsbienchen der AG auf ihrer Internetseite. Warum der Austausch des maskulinen -er durch eine feminines -a am Ende von Druck- oder Türstopp- weniger diskriminierend und sexistisch ist, nur eben genau aundersherum, erklären die tugendhaften Sprachbereinigungsfachangestellten allerdings nicht.

Die Empfehlungen stoßen – wen wundert’s – aber auf wenig Gegenliebe, weder bei Sprachwissenschaftlern noch bei der Allgemeinheit , wie Focus Online berichtet. Diese Frauisierung der Sprache wird dort schlichtweg als Gender-Wahnsinn bezeichnet. Was man angesichts dieses verkopften, komplett realitätsfernen Unfugs nur allzu gut verstehen kann.  Im Roman „1984“ von Georg Orwell wird vom diktatorischen Staat ein „Neusprech“ eingeführt. Soweit sind wir von einer Moraldiktatur durch diese übereifrigen JüngerINNEN nicht mehr entfernt… BRAVE NEW WORLD! kommentiert Focus-Leser Thomas Richter den Beitrag. Da ist was dran. Sorgen allerdings muss man sich um die Sprache nicht machen. Denn außer ein paar Hyperkorrekten (man erkennt sie an den aus tiefster Überzeugung herausgeschleuderten „Liebe Kolleginnen und Kollegen“ bzw. „Genossinnen und Genossen“ in ihren bedeutungsschwangeren Reden in der Öffentlichkeit) schert sich sowieso niemand darum. Sprachliche Veränderungen  entsehen von unten und nicht qua Dekret von oben.

Da war unsa Mutta der Zeit immer schon voraus. Die hat nämlich Zeit ihres Lebens und frei von irgendeiner Sprachdiktatur einer Political Correctness immer so gesprochen, wie ihr der Schnabel gewachsen war, und immer mit Schluss-a statt -er. Nicht, weil es nach den Berlina Wortschrauberinnen jetzt so überaus korrekt wäre, sondern weil es in der Region so üblich war. Wie sagte sie zu unsam Vatta so schön: „Und dat allet von unsere Steuagelda! Also ährrrlich…“ Von Muttan konnze echt watt lernen. Mehr als auffe Akamie!

2 Antworten

  1. Gut gebrüllt Prausa. Das scheint im Pott ein wenig wie im Fränkischen zu sein: unser „Allmächd“ spricht ja auch den Allmächtigen ebenso an, wie die Allmächtige.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.