Veit Heinichen Beifang

Veit Heinichen: Beifang. Ein Krimi in Triest

Ich lese ja nicht viele Krimis. Abgesehen von den schrägen historischen Schmökern von Philipp Kerr und den versoffenen Schnappspralinen von Ken Bruen alias Harry Rowohlt. Aber das sind ja jeweils keine Krimis, sondern Detektivgeschichten. Und zwar solche vom Feinsten. Also bei Bruen ermittelt Jack Taylor quasi im Trenchcoat mit einer Flasche Hochprozentigem in der rechten und einem Sittenroman in der linken Tasche. Und Kerr lässt seinen Bernie Gunter am liebsten durch Nazi-Berlin irren. Nein, klassische Krimis sind das nicht.

Veit Heinichen hingegen ist ein Krimiautor. Seinen Commissario Proteo Laurenti kennt man sogar aus dem Fernsehen. Und das sollte eigentlich abschrecken. Tut es aber nicht. Denn die Bücher sind besser als die ARD-Reihe. Die Romane spielen in Triest. Und ich liebe Triest. Mehr noch als Venedig. Entschieden mehr. Denn Triest hat die besseren Konditoreien.

Triest ist eine süße Versuchung

Heinichen TriestUnd der Commissario kennt diese Konditoreien auch. Und schon das ist ein Grund diese Bücher zu lesen und seine Fälle eingehend zu studieren. Veit Heinichens Romane sind perfekte Reiseverführer für Triest. Wobei er auch einen Reiseführer geschrieben hat. Dieser trägt den schlichten Titel „Triest. Stadt der Winde“. Geschrieben hat er ihn gemeinsam mit Ami Scabar und die ist Köchin. Und so weiß man auch, um was es in diesem Reiseführer vor allen Dingen geht: um die Küche Triests, also um das Wesentliche …

Neben dem Schifffahrtsmuseum natürlich, in dem ein Raum der Entwicklung der Schiffsschraube durch einen österreichischen Ingenieur gewidmet ist. Eine ganz zauberhafte Geschichte übrigens.

Aber ich schweife ab. Ich wollte ja über den neuesten Krimi von Veit Heinichen berichten, den „Beifang“ … Nun gut …

James Joyce in Triest
Auch James Joyce (rechts) lebte und arbeitete mehrere Jahre in Triest. Man kann seinen Geist in den Cafés noch atmen.

Commissario Laurenti ist ein Genussmensch

Commissario Laurenti ist ein Genussmensch. Sagte ich das schon? Ach wirklich? Jedenfalls löst er seine Fälle nur selten in seinem Büro. Das heißt, eigentlich sind die Cafés und Bars in der Altstadt von Triest und unten am Hafen und manchmal auch oben im Karst sein Büro. Im „Beifang“ liegt unten im Hafen die konfiszierte Yacht eines russischen Oligarchen. Der Krimi spielt also auf der Höhe der Zeit. Aber um die Yacht geht es nicht. Das sei schon einmal verraten. Aber immerhin wird ein Russe illegal außer Landes gebracht. Dabei spielt ein gewisser Raccaro eine Rolle. Der sitzt auf seinem Geld und zwar mitten in Triest. Mit dem Geld kauft er lokale Politiker und wenn es Not tut auch mal einen Mörder.

Im Hafen schwimmen Opfer herum und stören den Commissario beim Harpunieren seines Mittagessens. Er isst gerne Fisch und ist auch in der Lage ihn perfekt zuzubereiten. Schließlich ist er ein Genießer. Sagte ich das schon? Das bezieht sich auch auf die Frauen in seiner Umgebung. Leider kommt er zu selten dazu. Zu den Frauen und zum Essen. Die kleinen Fische machen einfach zu viel Arbeit. Ich meine die kleinen Fische im kriminellen Milieu der Stadt. Und davon gibt es viele. Im „Beifang“ kommt ein ganzer Schwarm vor. Es ist nicht einfach die Übersicht zu behalten.

Der Beifang riecht nach Fisch

Aber es ist auch nicht wirklich wichtig. Denn wie alle Romane von Veit Heinichen lebt das Buch nicht von der Story, sondern von der Erzählung, von der Stimmung. Die ganze Geschichte riecht durchgehend nach Triest, nach Sonne, Fisch, Wein und einem kleinen Café. Und nach diesen wunderbaren Süßigkeiten der triestiner Konditoreien. Den „Beifang“ muss man vielleicht eher schmecken als lesen. Es lohnt sich.

Veit Heinichen: Beifang. Erschienen bei Piper. Für 22 Euro im freundlichen Buchhandel und wo es den nicht mehr gibt bei buch7.

Illustrationen © Michael Kausch

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