Die Frage ist zwar banal aber profund zugleich. Was ist ein Menschenleben wert? Natürlich ist ein Menschenleben das Wertvollste, was es gibt, erst recht für diejenigen, die diesem Menschen nahe stehen: Eltern, Ehepartner, Geschwister, Kinder und dergleichen. Andererseits ist ein Menschenleben eigentlich gar nichts wert, weil es vergänglich ist und unweigerlich mit dem Tode endet.
Religiöse Menschen würden sagen, dass ein Menschenleben ohnehin Gott gehört, und dass nur er imstande ist, den Wert dafür zu bestimmen.
Andererseits müssen sterbliche Menschen – Richter, in der Regel – immer wieder den Wert eines Menschenlebens festlegen, wenn dieser beispielsweise durch Fremdverschulden zu Tode gekommen ist und die Frage der Entschädigung von Hinterbliebenen ansteht.
In anderen Kulturen wurde und wird in einem solchen Fall ein „Blutgeld“ ausgehandelt, was eine alte, aber nicht unbedingt ehrwürdige Tradition hat: Laut Matthäus (27,6) wurde das Geld, das Judas für den Verrat an Jesus bekam, als „Blutgeld“ (griech. τιμη αιματος = time haimatos, lat. pretium sanguinis, wörtlich: „blutiger Preis“) bezeichnet. Die alten Germanen kannten das „Wergelt“. Unter Arabern wird ein Preis ausgehandelt, den sie ´“Diya“ nennen und der in manchen Fällen mehrere Hunderttausend Euro betragen kann. Im Iran wird jedes Jahr eine Blutgeld-Tabelle veröffentlicht, wobei die Höhe der Zahlung vom Geschlecht (Frauen sind billiger!), der Religionszugehörigkeit und auch vom Monat des islamischen Kalenders abhängt, denn ein Mord, der in einem der vier so genannten Haram-Monaten begangen wird, in der eigentlich Friedenspflicht herrscht, wird anders bewertet. Es gibt sogar eine „Diya-Versicherung“, die im Ernstfall einspringt.
Bei uns gibt es in der Volkswirtschaftslehre ganz offizielle Verfahren, mit deren Hilfe der Verlust eines Menschenlebens in Geldeinheiten beschrieben werden kann. Für einen Otto-Normalverdiener haben Ökonomen laut FAZ einen Restwert von 1,72 Millionen Euro errechnet, seien Frau brächte es nur auf 1,43 Millionen.
Aber eigentlich ist das alles Pippifax gemessen an dem Preis, den Google gerade für die 280 Mitarbeiter der kleinen Startup-Firma Nest Labs gezahlt hat, nämlich 3,2 Milliarden Dollar. Demnach ist jeder Beschäftige des Unternehmens, das sich auf vernetzte Haushaltsgeräte und Rauchmelder spezialisiert hat, schlappe 11,4 Millionen wert. Gut, einer von ihnen ist Tony Fadell, der in seiner Zeit bei Apple als einer der Väter des iPod galt. Verständlich, dass Google für so einen Typen ein paar Milliönchen mehr springen lässt. Aber mit der Leibeigenschaft ist es in Amerika ja auch nicht mehr so weit her, und der gute Tony könnte eines Tages weiterziehen und seine Haut an einen anderen Abnehmer verhökern, und wo bleibt dann Google?
Übrigens: Ich hätte da unter Umständen ein echtes Schnäppchen für Sie. Was würden Sie für einen leicht abgenutzten, aber ansonsten halbwegs funktionsfähigen 63jährigen Blogger löhnen? Bitte nur ernstgemeinte Angebote an: Tim Cole, Forsthausgasse 80, A-5582 St. Michel im Lungau. Oder vielleicht schreiben Sie besser gleich an meine Frau…
Viel spannender ist doch die Frage, ob es nicht viel mehr die Daten sind, an denen Google interessiert ist. Nest Labs hat nämlich laut Medien Rauchmelder und Co so ausgestattet, dass diese Geräte über ihre Funktion vor allem aber Fehlfunktionen Daten erheben und an das Unternehmen übertragen.
Damit die Geräte und die verbessert werden können… wie es heißt.
Im Umkehrschluss weiß Google demnächst,
in welchem Haushalt wie viel geheizt wird, was Rückschlüsse auf die Verweildauer der Bewohner möglich macht,
in welchem Haushalt Rauchalarm ausgelöst wurde und in welchen Räumen (wohnt da ein Raucher, verkokelt ein Toast oder eine Pizza).
Wertvolle Datensätze direkt aus dem Innersten der Privatheit, den eigenen vier Wänden…
@Lutz: Wenn sich herausstellt, dass irgendwann Informationen über einen Menschen wertvoller sind als der Mensch selbst, lasse ich mich umoperieren und will eine Katze werden. Oder so was ähnliches.
@Tim: Ich habe gar nicht mitgekriegt, dass Google die Leute, die sie da gekauft haben, schlachten will 🙂 genialer Hink-Vergleich, den Du da konstruierst, gefällt mir 🙂