Gestern postete ich auf Facebook den kurzen Text: Ich hatte heute das dringende Bedürfnis, ein Buch von Akif Pirinçci in die Tonne zu werfen. Wir hatten nur eines. Jetzt haben wir gar keines mehr.
Und ich finde das gut so. Von so einem Mistkäfer will ich nichts im Haus haben.
Einen Moment ging mir ein Gedanke durch den Kopf… nein es waren zwei. Der erste war dieser verheerende Satz aus der Bücherverbrennung während der Nazi-Zeit: Ich übergebe der Flamme die Schriften von Akif Pirinçci. Und ich fühle mich ganz kurz unwohl.
Nun hat Bücherverbrennung nichts mit dem Wegwerfen von Büchern zu tun, ganz egal, ob der Müll thermisch entsorgt (also verbrannt) wird oder nicht.
Und auch den zweiten Gedanken, dass man Bücher nicht in den Müll schmeißt, wische ich einfach weg.
Dazu sind im vergangenen Sommer viel zu viele Bücher aus unseren Regalen in der Tonne gelandet, als dass ich mir dazu noch weitere Sorgen machen müsste. Dem Umbau unseres Hauses ging eine ordentliche Entrümplung der Regale voran. Was weder über Momox abesetzbar war noch unsere hieisige Bibliothek als Spende haben wollte (nicht mal für den Bücherflohmarkt), das landete eben im Müll.
Ehrfurcht vor Büchern hat für mich nichts damit zu tun, dass man sich einem Teil selbiger einfach mal entledigen darf: Nämlich der Bücher, die man nie gelesen hat und nie lesen will (sofern man ’nie‘ überhaupt sagen darf) sowie der Bücher, die man nie wieder lesen will, weil man sie schon beim ersten Mal Mist fand, und vor allem davon diejenigen Bücher, die nicht mal zum intellektuellen Posing im Haus geeignet sind. Niemand steht vor Dan Browns oder Donna Leons Schinken und sagt „Wow… das hast Du gelesen?“
Bei Pirinçci aber liegt der Fall anders. Den wollte ich ganz bewusst wegwerfen, egal, wie gut oder schlecht sein Buch war. Und das wollte ich auch als ein Zeichen verstanden wissen. Darum habe ich darüber getwittert, Facebook bemüht und heute auch dieses Blog.
Gestern las ich ausführlich von seinem Auftritt als umfeierter Start-Redner bei der Dresdner Pegida Kundgebung. Neben dem sexualpathologisch anmutendem Geschwafel vom „Vergewaltigungsfrühling“ und „Moslemsaft“ war es vor allem sein öffentliches Bedauern, dass die KZs gerade nicht in Betrieb sind, die für einen Eklat erster Ordnung sorgten, den Staatsanwalt auf den Plan rief und nicht mehr als Provokation und Tabubruch bewertet werden darf – das ist weit mehr als eine Geschmacklosigkeit oder eine Entgleisung. Das ist bodenlos. So einer hat keinen Platz in unserem Haus. Gar nicht. Cat-Content hin oder her. Ich will diesen Menschen nicht um mich haben, nicht mal in Form seines Bestsellers.
Danke, Akif, das wars… Wie gern hätte ich all seine Schriften in den Mülleimer geworfen, aber ich habe nur dieses eine Buch, das, das wohl ganz viele haben, den berühmten Katzenkrimi Felidae. Als der 1989, erschien begeiserte er zunächst niedere Feuilleton („Brigitte“ und Co.) und wurde anschließend ein phänomenaler Bestseller. Cat-Content sells, das war schon immer so.
Heute höre ich mit einiger Genugtuung im BR, dass die Verlagsgruppe Random House den Vertrieb von Pirinçcis Katzen-Büchern gestoppt hat, schon gestern hatte der Webmaster die Website und das Blog des Schriftstellers abgeschaltet und einen öffentlichen Brief über Twitter gestreut. Das wird den türkischstämmigen Autor sicher schnell auf eine andere Plattform ausweichen lassen, aber es tut gut zu wissen, dass unsere Gesellschaft Grenzen setzt und solche Menschen isoliert.
Keine Grenzen hingegen, auch das höre ich heute im Radio, kennt der Verlag Sonderwege. Der nämlich hat auch Bücher von Pirinçci auf den Markt gebracht hat. Heute lässt sich nicht daran hindern, sein neuestes Werk zu veröffentlichen.
Nach Deutschland von Sinnen. Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer (mittlerweile in der fünften Auflage) erscheint Die große Verschwulung – Wenn aus Männern Frauen werden und aus Frauen keine Männer.
Der Verlag wirbt unter anderem mit diesem Text: Akif Pirinçci zieht wieder ins Feld! Er kämpft gegen die Verweichlichung der Männer, das Elend der Gleichmacherei und die Ideologen der grausamen Gender-Propaganda. Der Feind lauert überall: im Parlament und an der Universität, in Schulen, KiTa’s und im eigenen Bett. Pirinçcis neues Buch ist hart, aber gerecht. Nirgendwo sonst wird sie dem Leser so deutlich vor Augen geführt: Die große Verschwulung. Dem muss man wohl nichts mehr hinzufügen.
Beide Bücher besitze ich nicht, und werde sie auch nie besitzen – lesen schon gar nicht. Trotzdem maße ich mir an, dass beide sich sehr gut in unserer Mülltonne machen würden, dem einzigen Platz, wo ich sie verortet wissen möchte.
Sollte am Ende Pirinçcis Auftritt in Dresden nur das mediale Feuerwerk für sein neues Buch einläuten? Wie erbärmlich wäre das….
Besonders süffisant wies übrigens heute in der BR-Kulturwelt Kommentator Knut Cordsen darauf hin, dass diese Bücher ausgerechnet von Thomas Hoof herausgebracht wurden. Hoof ist der ehemalige Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen in NRW, also der Partei, die Pirinçci die pauschalisierend für alle Mitglieder als „Kinderfickerpartei“ diffamiert hat.
Hoof stört das offensichtlich wenig. Da scheint der Gründer und Inhaber von Manufactum schmerzfrei, egal, welche Klientel zu den Hauptkunden des bekannten Versandhandels und seiner Warenhäuser gehört. Pegida-Sympathisanten dürften das wohl eher weniger sein, eigentlich wohl eher das betuchte, nostalgieverklärende Bürgertum, sicher nicht wenige angegraute weil in die Jahre gekommene Grüne darunter.
Es gibt sie eben noch, die guten Geschäfte. Und die Scheißbücher eben auch… Beides aus einem Hause. Dann kann ich den Manufactumkatalog ja auch gleich in die Papiertonne werfen.
Manufaktum wurde von Thomas Hoof gegründet aber im Jahr 2007 an den Otto-Konzern verkauft.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Manufactum
Lieber Lutz,
auch ich habe immer Skrupel Bücher zu entsorgen, aber manchmal geht es einfach nicht anders. Es gibt zu viele und es gibt zu schlechte. Trotzdem bleibe ich dabei, ein Buch ist etwas besonderes. Seit Canettis Verblendung weiss ich auch, dass Bücher die einzigen Dinge sind, für die es ein eigenes Wort für Ihre Verbrennung gibt. (Autodafé)
Dass du Felidae wegwirfst kann ich dir nicht verübeln. Ich besitze auch nur ein einziges Buch von P. „Tränen sind immer das Ende“ was ich in meiner Jugend tatsächlich mehrfach und sehr gerne gelesen habe. Das würde ich nicht wegwerfen, auch wenn er ein blödes Arschloch ist.
Würde ich alle Bücher von Arschlöchern wegwerfen, dann wären mein Bücherregal sehr übersichtlich.
Hemingway, Miller, Bukowski, Thomas Mann, Sartre, Goethe … alle weg???
Lass ihn schreiben, lass es andere Verkaufen, schmeiss deines weg und kauf nie wieder eines … das ist dein gutes Recht, so wie seines weiterhin ein Arschloch zu sein und Mist zu verzapfen.
Der Mann kann schreiben, so viel er will. Ich muss und werde seine Bücher nicht lesen. Wer sich das antun will, soll das tun. Jeder, wie er will.
P. kann so viel Mist verzapfen, wie er will, so lange er sich in den nicht ohne Grund gesetzen Grenzen unseres Staates bewegt. Das wird jetzt ein Gericht feststellen, ob ein Tatbestand nach § 130 StGB erfüllt wurde, oder nicht. Er hat das Recht ein Arschloch zu sein – klar. Aber das wiederum gibt ihm trotzdem nicht das Recht zu solchen öffentlichen Äußerungen. Da machst Du es Dir zu einfach.
Arschloch sein entschuldigt nicht alles und ist auch nicht ein Freibrief für jedwedes Reden und Tun, weil man ja ein Arschloch ist… Die Grenzziehung dessen und deren Einhaltung, damit genau das eben nicht passiert, nennt man gemeinhin zivilisiertes Verhalten als Basis einer Gesellschaft.
Und ganz nebenbei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Arschloch und Arschloch – und wo meine ganz persönliche Toleranz denen gegenüber aufhört.
Das ist richtig. Korrektur also:
Thomas Hoof ist Gründer und ehemaliger Inhaber von Manufactum. Alerdings ist er nach wie vor persönlich haftender Gesellschafter des Manuscriptum-Verlags, der aus Manufactum hervorgangen ist. Er ist also der Verlegerr von Pirinccis Büchern.