Liebe Jungs von Czyslansky (wobei Jungs die Sache nicht so ganz trifft),
Ihr seid echt nicht auf dem Laufenden. Der Weltmännertag ist echt überholt. Alles kalter Kaffee, was Ihr dort zusammengetextet habt. Heute ist nicht nur Männertag, heute ist auch Welttoilettentag. Kein Witz. Das ist seit 2001 so, wurde von der Welttoilettenorganisation ausgerufen und soll – so Wikipedia – die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft wachrütteln. Er will Tabus beseitigen, statt weiterhin zu verdrängen, dass das Toilettenproblem für einen Großteil der Menschheit nicht gelöst ist. Von den nationalen Regierungen wird gefordert, mindestens drei Prozent ihrer Ausgaben für Sanitär- und Wasserversorgung aufzuwenden, aber auch die Korruption im Wassersektor zu bekämpfen.
Jetzt wisst Ihr Bescheid. Das ist also ernst gemeint und verdient es, sich mit dieser Problemstellung auseinanderzusetzen. Wissen wir doch alle, dass auf dem Lokus gut denken, neuerdings auch gut twittern oder chatten ist – ein Ort der Kreativität, der Nachdenklich- und Besinnlichkeit, der es verdient hat, gewürdigt zu werden. Ist zum Beispiel die Latrine der Ort reformatorischer Erkenntnis, wie die Lutherforschung sinniert, um nur ein Beispiel zu nennen?
Und wer von Euch kümmert sich wirklich mit viel Liebe darum, dass dieser Ort stets angemessen ausgestattet ist und zum Verweilen einlädt?
Toilettenprobleme gibt es mannigfach, auch in der westlichen Welt. Warum macht Ihr das nicht zum Thema? Eine geheime Studie, die aus guten Gründen unter Verschluss gehalten wird, zeigt, wie arg es um Deutschlands Toiletten bestellt ist. Die Unzufriedenheit großer Bevölkerungsmassen ist riesig, dementsprechend die revolutionäre Sprengkraft immens. Ein falsches Wort, und die ganze Problematik könnte hochgehen und uns um die Ohren fliegen. Dann wäre – im wahrsten Wortsinn – die Kacke am dampfen.
Hier das Unzufriedenheitsbarometer Deutschland aus besagter Studie. Auf die Frage, was sie an deutschen Toiletten am meisten stört, antworteten (Mehrfachnennungen waren möglich)
5. 27% der Bevölkerung bemängeln: Die Soundkulisse stimmt nicht
Dem einen ist es zu still am Ort, den anderen zu laut. Und damit sind nicht die kabinenübergreifenden Geräusche gemeint, die bei der Benutzung von Toiletten unvermeidlich sind: Flatulenz, Geplätscher, rauschende Spülungen. Damit ist die externe Beschallung gemeint.
Die einen haben Darmverschlingungen und Verstopfung, wenn der falsche Radiosender Schlager spielt, andere wünschen sich, wenigstens auf der Toilette von der Kaufhaus- und Fahrstuhlberieselungsmusik verschont zu bleiben. Noch ungnädiger reagieren Toilettengänger auf werbliche Durchsagen wie „“Im Untergeschoss halten wir für sie ein großes Sortiment preisreduzierter Tischwäsche bereit“. Das will niemand hören – und schon gar nicht auf der Toilette.
Andererseits ist die Stille nach dem Schuss (hier sei allegorisch ein Filmtitel von Volker Schlöndorff zitiert) auch nur schwer zu ertragen.
Dabei gibt es großartige und geeignete Kompositionen in Hülle und Fülle. Das Angebot reicht von Händels „Wassermusik“ bis zu „Smoke on the Water“.
4. 27% der Bevölkerung bemängeln: Es fehlen Büche, Zeitungen, Zeitschriften, Rätselhefte
Offensichtlich neigt ein Teil der Bevölkerung noch immer dazu, den Toilettengang zur ausschweifenden Lektüre zu nutzen. Und genau diese Menschen sind es, die sich nicht länger mit zerfledderten MickyMaus-Heften, einer uralten Gala, der Gratis-Wochenzeitung oder einem nicht mehr aktuellen Prospekt des heimischen Baumarktes abspeisen lassen wollen.
Es fehlt an bildender, wie auch unterhaltender Lektüre, an aktuellen Zeitungen und Zeitschriften auf deutschen Toiletten.
Dabei wäre es so einfach, selbige mit einer kleinen, aber feinen Bibliothek auszustatten und diese aktuell zu halten. Ein Stift, ein Kreuzworträtsel- und/oder Sudokuheft sollten das Portfolio abrunden.
Ist der Klogänger zufrieden, denkt er wenigstens nicht über Revolutionen nach.
3. 43% der Bevölkerung bemängeln: Es fehlt an Sachkenntnis im Umgang
Das Thema ist nicht neu, aber offensichtlich ein Dauerbrenner. Auch wenn hier eine deutliche Verbesserung eingetreten ist, beschweren sich 43% der Bevölkerung über ihre Zeitgenossen, die keinerlei Sachkenntnis im Umgang mit Toiletten haben. Sie wissen nicht, wie man spült, wie man eine Klobürste benutzt oder wie man Toilettenpapierrollen auf die Halter hängt.
Krisen größten Ausmaßes sind zwar noch nicht entstanden, aber im Kleinen, in der Keimzelle der Gesellschaft, der Familie / Patchworkfamilie / WG / Firma… sind nicht wieder zu kittende Zerwürfnisse an der Tagesordnung.
Die Zerstörung des allgemeinen Friedens in der Bevölkerung kann hier wirksam entgegengearbeitet werden. Man(n) muss es nur wollen..
2. 56% der Bevölkerung bemängeln: Es fehlt an Diskretion
Hier sind dramatische Verschlechterungen festzustellen. Früher war die Toilette auch ein Ort der Kommunikation. Von Kabine zu Kabine wurde geplaudert. Auf Herrentoiletten wurde am Urinal verglichen oder zur gegenseitigen Verlustierung die Kabinenwand grob durchlöchert und durchstoßen. Ganz kommunikative trafen sich zur gemeinsamen Bespaßung und zum Austausch von Körperflüssigkeiten gleich in einer Kabine.
Vorbei sind die glory times, in denen die Toilette Partnervermittlung, Beichtstuhl und Seelentröster in einem war.
Der Klogänger heute möchte für sich bleiben. Und er möchte ungestört telefonieren können. Allein: In der Nachbarkabine hört man jedes Wort. Zu dünn ist die Trennwand, zu laut das Geschnatter am Mobiltelefon.
Hier müssen dringend architektonische Veränderungen her. Dringend.
1. 84% der Bevölkerung bemängeln: Die Netzverbindung ist zu bescheiden.
Das größte Drama auf allen Toiletten des Landes ist: Die Verbindung ins Netz ist bescheiden. Viele Toiletten verfügen über keine oder wenn, dann mangelhafte Netzverbindung. WLAN ist in den meisten Fällen Fehlanzeige. Damit fallen Facebook, Twitter, WhatsApp und andere sinnvolle Kommunikationstools auf dem Handy ebenso aus, wie Mailabrage, Kicker-App oder der Zugriff auf pornöse Seiten.
Die Welttoilettenorganisation fordert daher: Moderne Toiletten müssen neben dem klassischen Printprodukt auch über schnelles WLAN verfügen. Der Code muss gut sichtbar angebracht sein.
Nur dann ist der anhaltende Friede im Toilettensegment sichergestellt.
Denkt mal drüber nach…