das kommt ja nicht alle tage vor, dass sich ibm, microsoft, siemens und sun in einer presseveranstaltung gemeinsam ihre visionen für die it bis zum jahr 2020 erzählen; so geschehen gestern auf einer „elefantenrunde“ zu der die münchner SYSTEMS-macher eingeladen hatten. das erstaunlichste aber ist, dass gar nicht so einfach auszumachen ist, welcher elefant denn jetzt eigentlich aus welchem stall kommt. so ähnlich klingen ihre aussagen, dass man den elefanten auch gerne die kollegiale leitung eines harmonieseminars anvertrauen möchte.
fassen wir nur mal die jeweils ersten sätze ihrer statements zusammen:
a) frank sawatzke, director of marketing and strategy bei ibm: „die ibm vision für 2020 in sachen it sieht global integrierte unternehmen“.
b) ralph haupter, business- and marketing-officer bei microsoft: „im jahr 2020 haben sich neue formen der zusammenarbeit in vielen unternehmen etabliert.“
c) thomas wiemers, vice president strategic marketing bei siemens enterprise communications: „2020 werden informations-, kommunikations- und collaboration-technologien zu einer integrierten form von it verschmolzen sein“
e) donatus schmid, director marketing und sprecher der geschäftsleitung bei sun micrososystms: „the network is the computer“ wird jedes Jahr mehr wirklichkeit.“
wovon also träumen elefanten? von der ganz großen integration! das sei die leistung der it, dass sie lebenswelten, arbeitsbereiche und überhaupt alles integriere. noch immer ist offensichtlich integration und damit letztlich standardisierung das credo der it-obersten. nichts neues also von dieser front?
gemach: it ist auch emanzipatorisch, oder möchte es jedenfalls sein. und da träumen elefanten schon mal von der stillen revolution, die aus dem rechner kommt. ralph haupter wagte sich hier wohl am weitesten vor, als er postulierte: „künftig werden immer mehr menschen arbeiten, wann und wo sie wollen.“ na, ob er das wirklich so gemeint hat? thomas wiemer träumt von einer durch green-it verbesserten work-life-balance der mitarbeiter. auch nicht schlecht. gemeinsam mit donatus schmid setzt er auf offene standards und ebenso offene architekturen, was microsoft und ibm so natürlich nicht stehen lassen können. denn wer die standards bestimmt, setzt bestenfalls auf interoperabilität. offenheit ist de facto doch eine nach beiden seiten offene richter-skala mit dem gleitmittel der wirtschaftlichen macht.
manchmal irritieren mich visionen. manchmal sind sie mir einfach zu gross, zu fettleibig. es wäre doch schon schön, wenn mir die it einfach dabei helfen könnte, die von mir gewünschten informationen jederzeit, überall, einfach und sicher zu finden, zu verarbeiten und weiterzugeben. um die emanzipation von den leiden dieser welt kümmere ich mich dann schon selbst. it als befreiungstheologie muss nicht sein. wirklich nicht.
was bleibt?
ja – an social networking kommt keiner mehr vorbei. ob die kommunikation damit freilich wertvoller wird, hängt nicht von der it ab.
ja – alle werden mobiler, aber ob es glückliche arbeitsnomaden sein werden, die da entstehen, hängt nicht von der it ab.
ja – die verschränkung von arbeit und freizeit wird zunehmen – ob sich die work-life-balance aber verbessert, oder ich künftig immer und überall arbeiten darf und muss, hängt nicht von der it ab.
das war sicherlich eine gute veranstaltung und es ehrt die münchner SYSTEMS-macher, dass sie vier so grosse namen – und auch gute referenten – an einen tisch gebracht haben. aber vielleicht sollten wir künftig nicht mehr nur den ring mit it-elefanten füllen, sondern verstärkt it-experten in den diskurs mit ganz anderen menschen zwingen. unternehmer, mitarbeiter und konsumenten, die gemeinsam mit it-lern diskutieren, wohin die technologische reise gehen soll. vielleicht sollten wir die it aus ihrem arkanbereich locken. vielleicht rettet erst das die it wirklich: offenheit nach aussen. wenn das messianische selbstbewusstsein darunter dann ein wenig leiden würde – schlecht wär’s nicht!
Eine Antwort
Wenn ich ein IT-Hersteller wäre, würde ich auch nach irgendeinem Strohhalm greifen, von mir aus auch „Integration, um den drohenden Niedergang in die Irrelevanz zu stoppen, den Nick Vage ja brilliant in seinem Buch „Does IT matter?“ beschrieben hat.
Wenn IT tatsächlich, so wie es aussieht, zum einer reinen Commodity verkommt ohne strategischen Wettbewerbseffekt, wenn wir alle in Zukunft unsere Computerleistung bei Bedarf aus dem „Grid“ oder „Cloud“, also praktisch aus der Steckdose ziehen und nur noch mit Miet-Software à la SaaS arbeiten – wo bleiben da die IBMs, Microsofts, Siemens und Suns dieser Welt? Am Ende sind sie keine Elefanten, sondern Dinosaurier.
Um als digitaler Nomade always online durch die Welt zu reisen, brauche ich nur kleine, intelligente Endgeräte und ein gut funktionierendes Backend. Was wir erleben ist vielleicht die Götterdämmerung des PCs. Als Hersteller würde mir das Angst machen – als User finde ich es toll.